Allgemeine Nichtleistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB

  1. Allgemeine Nichtleistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB
    1. Etwas erlangt
    2. In sonstiger Weise
      1. Eingriffskondiktion
      2. Verwendungskondiktion
      3. Rückgriffskondiktion
    3. Auf dessen Kosten
    4. Ohne rechtlichen Grund
  2. Rechtsfolgen
    1. Primär
      1. Herausgabe des Erlangten, § 812 Abs. 1 BGB
    2. Sekundär
      1. Wertersatz, § 818 Abs. 2 BGB

I. Allgemeine Nichtleistungskondiktion, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB
1. Etwas erlangt

Bereicherungsgegenstand ist jeder Verwendungs-, Nutzungs- oder Eingriffserfolg eines fremden Rechts.1

2. In sonstiger Weise

Das erlangte Etwas darf nicht durch Leistung erlangt worden sein, sondern in sonstiger Weise.2

a. Eingriffskondiktion

Hier greift eine Person (Bereicherungsschuldner) in Rechtspositionen einer anderen Person (Bereicherungsgläubiger) ein.2a

b. Verwendungskondiktion

Hier tätigt eine Person (Bereicherungsgläubiger) Verwendungen auf eine Sache und verlangt vom Eigentümer (Bereicherungsschuldner) Ersatz für die getätigten Verwendungen.2b

c. Rückgriffskondiktion

Hier tilgt eine Person (Bereicherungsgläubiger) eine Schuld einer anderen Person (Bereicherungsschuldner) gegenüber einem Dritten und möchte dafür Ersatz haben.2c 

3. Auf dessen Kosten

Nach der Zuweisungstheorie (h.M.) stellt man sich hier die Frage, ob die Rechtsposition, in der eingegriffen wird, nach der Rechtsordnung dem Gläubiger zugesprochen wird, sodass der Eingriff zu dessen lasten geht.3

Die Rechtsprechung verlangt jedoch, um den Bereicherungsgläubiger und Bereicherungsschuldner näher bestimmen zu können, noch das Element der Unmittelbarkeit.Eine unmittelbare Vermögensverschiebung ist gegeben, wenn aus dem Vermögen des Bereicherungsgläubigers der Bereicherungsgegenstand entzogen und unmittelbar in das Vermögen des Bereicherungsschuldners transferiert wurde.5

Wichtig: „Auf dessen Kosten“ heißt nicht zwingend, dass sich das Vermögen des Bereicherungsgläubigers gemindert haben muss!6

4. Ohne rechtlichen Grund

Hier geht es darum, ob der Bereicherungsschuldner einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen hat oder nicht.7 Ein Behaltensgrund könnte sich aus Gesetz (§§ 932 ff. BGB, § 816 Abs. 1 BGB) ergeben oder auch aus Vertrag.8 Es geht hier also nicht um ein zugrundeliegendes Rechtsverhältnis, welches sich als nichtig erweist, wie bei der Leistungskondiktion.

Sonderproblem: Das erlangte Etwas ist „lediglich“ der Besitz.

Hier scheidet eine Eingriffskondiktion aus, da der Besitzschutz nach § 861 BGB nicht unterlaufen soll.10 Er geht demnach als lex specialis der allgemeinen Nichtleistungskondiktion vor.

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1 – WandtGesetzliche Schuldverhältnisse – Deliktsrecht, Schadensrecht, Bereicherungsrecht, GoA, 6. Auflage, 2014, §11, Rn. 7.
2 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 8.
2a – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 2.
2b – Supra; Schwab, MüKo BGB, 7. Auflage 2017, § 812, Rn. 341. 
2c – Supra
 (Fn. 2a); Schwab, (Fn. 2b), § 812, Rn. 372.
3 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 10.
4 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 14.
5 – Supra.
6 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 17, 19.
7 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 18.
8 – Supra.
9 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 19; es geht hier also nicht um die Wirksamkeit des Kausalverhältnisses.
10 – Wandt, (Fn. 1), §11, Rn. 7.
11 – Supra.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.