Die Anfechtung ist für die Beseitigung eines Rechtszustandes zu verwenden. Bei wirksamer Anfechtung wird das Rechtsgeschäft, dass auf der fehlerhaften Willenserklärung beruhte, als von Anfang an nichtig angesehen, sog. ex-Tunc Wirkung.
Die Anfechtung besteht aus fünf Prüfungspunkte:
- Anfechtungserklärung
- Anfechtungsgrund
- Inhaltsirrtum
- Erklärungsirrtum
- Eigenschaftsirrtum
- Falsche Übermittlung
- Täuschung und Drohung
- Anfechtungsfrist
- Anfechtungsgegner
- Ergebnis (Rechtsfolge)
Die Anfechtung im Detail:
1) Anfechtungserklärung § 143 BGB
- Erfolgt in der Regel gegenüber dem Anfechtungsgegner, also der Person, von der man sich vom Vertrag lösen möchte.
- Muss nicht ausführlich „ich fechte XY an“ geschehen, sondern kann sich aus dem umständen ergeben. Indizien dafür sind, z.B.: „ich habe mich geirrt“, „habe mich vertippt“, „wollte das nicht Erklären“ etc.
2) Anfechtungsgrund
Das BGB gibt uns mehrere Anfechtungsgründe zur Wahl:
a) Inhaltsirrtum, § 119 I Alt. 1 BGB
Ein einfaches Beispiel ist: K bestellt eine braune Aktentasche aus dem Versandhaus X (Prospekt aus dem Jahr 2011) und bekommt eine pinke Handtasche (Versandhaus X ging vom aktuellen Prospekt 2015 aus). K wollte die braune Aktentasche bestellen, hat aber durch die Verwendung des alten Prospektes eine andere mit der selben Artikelnummer versehenden Tasche bestellt. K ist also ein Inhaltsirrtum unterlaufen.
b) Erklärungsirrtum, § 119 I Alt. 2 BGB
Das gleiche Beispiel wie oben, nur mit der Änderung, dass der K den aktuellen Prospekt (2014) hat und sich beim ausfüllen des Bestellformulars vertippt. Anstatt Koffer 7 tippt er Koffer 9 ein.
c) Eigenschaftsirrtum, § 119 Abs. 2 BGB
Dazu zählen alle verkehrswesentliche Eigenschaften.
K kauft bei V ein Auto, mit dem Hintergrund, dass er das Auto für 500€ mehr an F verkaufen will. Nachdem K das Auto gekauft hat, sagt F allerdings ab. K möchte nun anfechten. Allerdings handelt es sich hierbei um einen unbeachtlichen Eigenschaftsirrtum (Motivirrtum). Eine Anfechtung bliebe daher erfolglos.
d) Falsche Übermittlung, § 120 BGB
liegt vor, wenn eine Sache falsch übermittelt wurde. Kann wie in § 119 BGB angefochten werden.
Wenn V etwas an den K übermittelt und dabei:
- z.B.: einen Stellvertreter (einer Person) oder
- die Post (Einrichtung)
- die Willenserklärung des V (die richtig an dem Dritten übergeben wurde) vom Dritten falsch übermittelt wird. Merke: Der Dritte muss den Fehler gemacht haben.
Beispiel: V sagt dem D (Person) das das Bild von Van eine Fälschung ist, der D hört aber den V nicht richtig zu. Später sagt D dem K, das das Bild ein original ist.
e) Täuschung und Drohung, § 123 BGB
Wer bei der Abgabe der Willenserklärung getäuscht (1) oder bedroht wurde, um diese Willenserklärung abzugeben (2). Täuschung und Arglist sind Voraussetzungen der Anfechtung wegen Täuschung.
V (Auto Verkäufer) sagt zu K, sein gewünschtes Auto ist Unfallfrei und in einem Top zustand. K merkt nach dem Kauf, sein neuer Wagen ist ein Unfallwagen und trägt Folgeschäden mit sich. Mit dieser Kenntnis hätte K sich nicht für den Kauf entschieden.
Beispiel für das angedrohte Übel:
- V sagt zum K: „kauf das Auto oder ich verprügle dich“.
- V schlägt den K solange, bis dieser den Wagen kauft.
Widerrechtlicher Zweck:
V gehört zu der Bande „Geklaute Autos e.V.“ und verkauft ein geklautes Auto an den gutgläubigen K. Der Zweck ist, Geld zu erwirtschaften, um damit eine Drogenplantage zu fördern.
3) Anfechtungsfrist
- Es existieren 2 verschiedene fristen
- § 121 Abs. I BGB (Unverzüglich: Legaldefinition in § 121 Abs. I BGB, „ohne schuldhaftes zögern“): § 121 Abs. I BGB wird in den Fällen des Irrtumes angewendet, also gilt diese Frist nur für §§ 119, 120 BGB
- § 124 I BGB (innerhalb eines Jahres): gilt nur für die Anfechtung, wegen Drohung oder Täuschung, also nur für § 123 BGB
4) Anfechtungsgegner
- Bei einem Vertrag ist es der Vertragspartner § 143 Abs. 2 BGB.
- Bei einem einseitigen empfangsbedürftigen Rechtsgeschäft der Teil, dem gegenüber die Erklärung abgegeben wurde.
- Bei einem einseitigen nicht empfangsbedürftigen Rechtsgeschäft der Teil, der aus dem Rechtsgeschäft unmittelbar einen Vorteil erlangt, § 143 Abs. IV S. 1 BGB.
5) Ergebnis (Rechtsfolge)