Schadensersatzanspruch wegen Fremdbesitzerexzess

B. Ausnahmen…

… vom Grundsatz, dass der gutgläubiger und unverklagte Besitzer nicht auf Schadensersatz haftet:

Fremdbesitzerexzess ist ein Fall, bei dem ein unverklagter gutgläubiger aber unberechtigter (z.B. aufgrund nichtigem Vertrag) Besitzer über die Grenzen des von ihm angenommenen Besitzrechts geht.1

Grundsätzlich würde hier die Sperrwirkung des EBV gem. § 993 Abs. 1, 2. Hs. BGB den Geschädigten davon abhalten, Schadensersatz über Deliktsrecht geltend machen zu können. Vertragliche Ansprüche bestehen aufgrund des nichtigem Kausalgeschäfts nicht, sodass der Geschädigte gar keine Ansprüche geltend machen könnte. Dieses Ergebnis ist nicht tragbar, denn wenn ein rechtmäßiger Besitzer schon haften würde, dann müsse dies ein unrechtmäßiger erst Recht (argumentum a fortiori).2

Demnach ist § 993 Abs. 1, 2. Hs. BGB teleologisch zu reduzieren, sodass die Sperrfunktion keine Anwendung findet. Fraglich ist jedoch, woraus sich ein Schadensersatzanspruch begründen lässt:

Die Problematik des Fremdbesitzerexzesses darf nicht mit der Konstellation des „nicht-so-berechtigten“ Besitzer vertauscht werden. Denn dort handelt ein berechtigter Besitzer über seine Grenzen hinaus.5

A ist Eigentümer eines Kfz und vermietet es an B

A ist Minderjährig. Der Mietvertrag wurde nicht genehmigt und somit nichtig.

B ist gutgläubig und beschädigt das Auto aufgrund eines Unfalls.

Anspruch A gegen B auf Schadensersatz (SE).

Beachte: Die Ansprüche aus den §§ 987 – 1003 BGB setzen eine sog. Vindikationslage voraus. D.h. der Eigentümer einer Sache kann vom Besitzer die Sache gem. § 985 BGB herausverlangen, da der Besitzer kein Recht zum Besitz gem. § 986 BGB hat.6

  1. § 535 Abs. 1 BGB (-) wegen nichtigem Vertrag
  2. § 989 BGB (-) wegen mangelnder Rechtshängigkeit
  3. § 989, 990 BGB (-) wegen mangelnder Bösgläubigkeit
  4. § 991 Abs. 2, 989 BGB
    1. Vindikationslage
    2. Gutgläubiger unverklagter Besitzer
    3. Fremdbesitzerexzess
      1. Besitzmittlungsverhältnis, § 868 BGB
      2. Verantwortlichkeit gegenüber mittelbarem Besitzer (A)
    4. Rechtsfolge: Schadensersatz

Beachte den Fall der Haftung des Fremdbesitzers im Drei-Personen-Verhältnis gem. § 991 Abs. 2 BGB. Besitzt der Fremdbesitzer für einen mittelbaren Besitzer, so haftet er dem Eigentümer so, wie wenn er dem mittelbaren Besitzer haften würde.

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1 – Lorenz, JuS 2013, 495 (496).
2 – Schreiber, Sachenrecht, 6. Auflage, 2015, Rn. 215.
3 – Supra.
4 – Schreiber, (Fn. 2), Rn. 215.
5 – Lorenz, (Fn. 1), (496); siehe auch NJW 1996, 838 (Untermieterfall).
6 – Lorenz, (Fn. 1), (495).

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.