Schema: Schwere Körperverletzung, § 226 I StGB

Schema: Schwere Körperverletzung, § 226 I StGB, im Überblick:
  1. Tatbestand
    1. Objektiver Tatbestand
      1. Voraussetzungen der (einfachen) Körperverletzung, § 223 StGB
        1. Objektiver Tatbestand
          1. Körperliche Misshandlung
            1. Kausal und objektiv zurechenbar
          2. Gesundheitsschädigung
            1. Kausal und objektiv zurechenbar
        2. Subjektiver Tatbestand
          1. Dolus eventualis ausreichend
      2. Eintritt der qualifizierenden Folge
        1. Nr. 1: Verlust des Sehvermögens (auf einem oder beiden Augen), Gehörs (beide Ohren!), Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsmöglichkeit
        2. Nr. 2: Verlust oder dauernde Gebrauchsunfähigkeit eines wichtigen Gliedes
        3. Nr. 3: Erhebliche und dauerhafte Entstelllung oder Verfall in Siechtum, Lähmung, geistige Krankheit oder Behinderung
      3. Kausalität und 
      4. Spezifischer Gefahrenzusammenhang (wie objektive Zurechnung)
    2. Subjektiver Tatbestand
      1. Wenigstens Fahrlässigkeit, § 18 StGB
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
    1. Subjektiver Fahrlässigkeitsvorwurf

Schema: Schwere Körperverletzung, § 226 I StGB, im Detail:
  1. Tatbestand
    1. Objektiver Tatbestand
      1. Voraussetzungen der (einfachen) Körperverletzung, § 223 StGB
        1. Objektiver Tatbestand
          1. Körperliche Misshandlung
            1. Kausal und objektiv zurechenbar
          2. Gesundheitsschädigung
            1. Kausal und objektiv zurechenbar
        2. Subjektiver Tatbestand
          1. Dolus eventualis ausreichend
      2. Eintritt der qualifizierenden Folge
        1. Nr. 1: Verlust des Sehvermögens (auf einem oder beiden Augen), Gehörs (beide Ohren!), Sprechvermögens oder der Fortpflanzungsmöglichkeit
        2. Nr. 2: Verlust oder dauernde Gebrauchsunfähigkeit eines wichtigen Gliedes
          1. (P) Glied
            1. Nach h.M. ist dies ein von außen sichtbarer Körperteil, mit besonderen Funktionen im Gesamtorganismus und mit dem Körper durch ein Gelenk verbunden. Demnach fallen interne Organe wie Niere, Leber, Gallenblase aus dem Schutzbereich heraus. Grund: aus rechtsgeschichtlichen Gründen soll die Phrase „wichtiges Glied“ das Wort „Verstümmelung“ ersetzen. Eine Verstümmelung innerer Organe sei daher nicht möglich.
            2. Die Gegenansicht sieht allerdings eine gleichwertige Wichtigkeit der inneren Organen wie bei den äußeren für den Gesamtorganismus.
            3. Eine weitere Gegenansicht verzichtet auf die Gelenkverbindung, allerdings werden Entstellungen deren Maße grundsätzlich über Nr. 3 erfasst und somit nicht erforderlich.
          2. (P) Wichtig
            1. Zudem muss auch dargestellt werden, was genau „wichtig“ bedeutet.
            2. Der BGH stellt die Frage auf die Allgemeinheit ab und fragt, wie wichtig das konkrete Glied für jeden normalen Menschen ist.
            3. Die Ansicht der Literatur sieht das etwas konkreter und fragt, wie wichtig es für die individuelle Person ist und berücksichtigt daher die persönlichen und beruflichen Verhältnisse des Opfers.
        3. Nr. 3: Erhebliche und dauerhafte Entstelllung oder Verfall in Siechtum, Lähmung, geistige Krankheit oder Behinderung
      3. Kausalität und 
      4. Spezifischer Gefahrenzusammenhang (wie objektive Zurechnung)
        1. Auch genannt als „Unmittelbarkeitszusammenhang„.
        2. (P) Anknüpfung an spezifischem Gefahrenzusammenhang strittig.
          1. Nach der Letalitätslehre (alte Rechtsprechung) ist der Körperverletzungserfolg entscheidener Anknüpfungspunkt. Demnach richtet sich die Todesfolge nach der Schwere der Körperverletzung.
          2. Nach der neuen Rechtsprechung reicht ein spezifischer Gefahrenzusammenhang zwischen Körperverletzungshandlung und dem Todeseintritt, sofern die Handlung den Todeseintritt unmittelbar bewirkt hat. Es wird somit auf dem Zusammenhang zwischen Körperverletzungserfolg und Tod verzichtet und der spezifische Gefahrenzusammenhang auf Grund der Handlung mit dem erhöhten Risiko der Todesfolge bejaht.
        3. (P) Unterbrechung des spezifischem Gefahrenzusammenhang
          1. Möglich wäre, dass die Todesfolge durch eine Flucht des Opfers eintrat. Umstritten ist, ob nun eine Unterbrechung durch das Opfer selbst vorliegt oder ausbleibt.
          2. Die Literatur sieht die Flucht des Opfers als eine Reaktion zum Erhalt des eigenen Lebens, als sogenannten elementarem Selbsterhaltungstrieb. Eine Unterbrechung wird daher verneint.
          3. Der BGH steht der Ansicht der Literatur ziemlich nahe, allerdings wird differenziert. Wird das Opfer durch das Verhalten des Täters in panikartige Angst gebracht, bei welchem das Opfer beispielsweise durch Flucht zu Tode kommt,  so wird eine Unterbrechung verneint. In allen anderen Fällen wird auf die eigenverantwortliche Selbstgefährdung des Opfers abgestellt und eine Unterbrechung bejaht.
    2. Subjektiver Tatbestand
      1. Wenigstens Fahrlässigkeit, § 18 StGB
  2. Rechtswidrigkeit
  3. Schuld
    1. Subjektiver Fahrlässigkeitsvorwurf
      1. Subjektive (individuelle) Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit.
        1. Hier ist festzustellen, ob der Täter in der Lage war, die sorgfaltspflichtwidrige Handlung und die vorhersehbare Folge zu erkennen.
        2. Bei Tätern unter Einfluss von Alkohol oder Drogen könnte dies problematisch sein.

Die schwere Körperverletzung nach § 226 I StGB ist eine Erfolgsqualifikation (Fahrlässigkeit) zur einfachen Körperverletzung. § 226 II StGB hingegen ist eine Qualifikation (dolus directus 2. Grades).

Minder schwerer Fall § 226 III StGB.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.