Allgemeine Feststellungsklage, § 43 VwGO (Zulässigkeit)

A. Sachentscheidungsvoraussetzungen bzw. Zulässigkeit

  1. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges
    1. Aufdrängende Sonderzuweisung
    2. Generalklausel, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO
      1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit
      2. Nichtverfassungsrechtlicher Art
      3. Keine abdrängende Sonderzuweisung
  2. Statthaftigkeit der allgemeinen Feststellungsklage, § 43 VwGO
    1. Positive Feststellungsklage
    2. Negative Feststellungsklage
    3. Nichtigkeitsfeststellungsklage
  3. Klagebefugnis, analog § 42 Abs. 2 VwGO ?
  4. Klagegegner
  5. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61 ff. VwGO
    1. Beteiligtenfähigkeit
    2. Prozessfähigkeit
  6. Feststellungsinteresse, besonderes Feststellungsinteresse und qualifiziertes Feststellungsinteresse
    1. Feststellungsinteresse
    2. Besonderes Feststellungsinteresse
    3. Qualifiziertes Feststellungsinteresse
      1. Verwaltungsakt
      2. Realakt
  7. Vorverfahren und Klagefrist (Grundsätzlich nicht erforderlich)

B. Klagehäufung und Beiladung (ggfs. Erläutern)

  1. Objektive Klagehäufung gem. § 44 VwGO
  2. Subjektive Klagehäufung gem. § 64 VwGO i.V.m. §§ 59 ff. ZPO
  3. Beiladung gem. § 65 VwGO

C. Begründetheit


A. Sachentscheidungsvoraussetzungen bzw. Zulässigkeit
I. Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges

Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges haben wir einen separaten Beitrag geschrieben.

II. Statthaftigkeit der allgemeinen Feststellungsklage, § 43 VwGO

Insgesamt gibt es drei Arten der allgemeinen Feststellungsklage:

  1. Positive Feststellungsklage: Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses
  2. Negative Feststellungsklage: Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses
  3. Nichtigkeitsfestelllungsklage: Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes

Alle drei Arten setzen ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 Abs. 1 VwGO voraus. Zusätzlich muss der Subsidiaritätsklausel entsprochen werden gem. § 43 Abs. 2 VwGO. Dies gilt nicht bei der Nichtigkeitsfeststellungsklage, § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO.

Ein Rechtsverhältnis ist eine öffentlich-rechtliche Beziehung einer Person zu einer anderen Person oder zu einer Sache.1 Konkret ist dieses Rechtsverhältnis dann, wenn ein bestimmter oder bestimmbarer Sachverhalt vorliegt.2 

III. Klagebefugnis, analog § 42 Abs. 2 VwGO?

Umstritten ist, ob eine Klagebefugnis gem. analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich ist. Die Rechtsprechung bejaht dieses Erfordernis mit der Begründung des Ausschlusses von Popularklagen.3

Die Literatur hingegen meint, dass § 43 Abs. 1 VwGO lediglich von „berechtigtes Interesse“ spricht (Wortlaut) und darunter nicht nur Interesse rechtlicher Art, sondern auch wirtschaftlicher oder ideeller Art fallen.4 Durch das Erfordernis einer Klagebefugnis gem. analog § 42 Abs. 2 VwGO würden konsequenterweise die Interessen wirtschaftlicher und ideeller Art nicht berücksichtigt werden können.5

IV. Klagegegner

Die Klage muss sich gegen den Rechtsträger richten, für den die betreffende Behörde gehandelt hat (Rechtsträgerprinzip).

V. Beteilligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61 ff. VwGO
1. Beteiligtenfähigkeit
2. Prozessfähigkeit
VI. Feststellungsinteresse, besonderes Feststellungsinteresse und qualifiziertes Feststellungsinteresse
1. Feststellungsinteresse

Gem. § 43 Abs. 1 VwGO wird für die allgemeine Feststellungsklage ein berechtigtes Interesse im Rahmen des Feststellungsinteresse vorausgesetzt. Hierfür reichen schutzwürdige Interessen, etwa rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art aus (sofern der Literaturansicht gefolgt wird, siehe Punkt Klagebefugnis).7

2. Besonderes Feststellungsinteresse (erledigter Realakt)

Geht es um den Fall um einen Rechtsverhältnis, welches in der Vergangenheit liegt, also um einen erledigten Realakt, muss wie bei der Fortsetzungsfeststellungsklage ein besonderes Feststellungsinteresse vorliegen. Die Fallgruppen sind für beide Klagen gleich, nämlich:

  1. Wiederholungsgefahr
  2. Rehabilitationsinteresse
  3. Präjudizität
  4. Schwerwiegende Grundrechtsbeeinträchtigung
3. Qualifiziertes Feststellungsinteresse (vorbeugende allgemeine Feststellungsklage)

Für ein in Zukunft liegendes Rechtsverhältnis, also bei der sog. vorbeugenden allgemeinen Feststellungsklage, wird ein qualifiziertes Feststellungsinteresse vorausgesetzt. Diese richten sich nach der vorbeugenden Unterlassungsklage.8

Es wird unterschieden zwischen der Abwehr gegen eines künftigen Verwaltungsaktes und eines Realaktes.

a. Verwaltungsakt

Grundsätzlich liegt kein qualifiziertes Rechtsschutzinteresse in Bezug auf das Unterlassen des Erlasses eines Verwaltungsaktes vor. Als vorrangige Rechtsschutzmittel des Betroffenen kommen Anfechtungsklage und Widerspruch in Betracht, da diese den Suspensiveffekt gem. § 80 Abs. 1 VwGO auslösen. Denn durch die aufschiebende Wirkung wird der Betroffene ausreichend geschützt.9 Von diesem Grundsatz werden Ausnahmen gemacht, nämlich wenn eine Verweisung auf die „anderen“ Rechtsschutzmittel für den Betroffenen unzumutbar wären. Unzumutbarkeit liegt insbesondere bei folgenden Fallgruppen vor:10

  1. Schaffen vollendeter Tatsachen11
  2. kurzfristig erledigender Verwaltungsakt12
  3. Straf- oder bußgeldbewehrter Verwaltungsakt13
b. Realakt

Keine besonders hohen Anforderungen liegen bei einem Realakt vor. Denn anders bei Verwaltungsakten existiert keine vergleichbare Vorschrift wie § 80 Abs. 1 VwGO für Realakte.14 Unter Einbeziehung des Rechtsgedankens des § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis dann vor, wenn eine

  1. Wiederholungsgefahr oder
  2. Erstbegehungsgefahr besteht.15
VII. Vorverfahren und Klagefrist (Grundsätzlich nicht erforderlich)

Bei der allgemeinen Feststellungsklage ist im Grundsatz kein Vorverfahren durchzuführen. Ausnahmen finden sich im Beamtenrecht:

  1. § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG (Landesbeamte, vorbehaltlich gesetzlicher Ausnahmen in Satz 3)
  2. § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG (Bundesbeamte)

Auch gelten grundsätzlich keine Fristen mit Ausnahmen im Beamtenrecht:

  1. § 54 Abs. 2 Satz 1 BeamtStG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Landesbeamte)
  2. § 126 Abs. 2 Satz 1 BBG i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO (Bundesbeamte)
B. Klagehäufung und Beiladung (ggfs. Erläutern)
  1. Objektive Klagehäufung gem. § 44 VwGO
    1. Verfolgung mehrer Klagebegehren zulässig, wenn
    2. diese sich gegen denselben Beklagten richten,
    3. im Zusammenhang stehen und
    4. dasselbe Gericht zuständig ist.
  2. Subjektive Klagehäufung gem. § 64 VwGO i.V.m. §§ 59 ff. ZPO
    1. Mehrere Kläger
    2. Ein Begehren
  3. Beiladung gem. § 65 VwGO
    1. Gem. § 63 Nr. 3 VwGO ist der Beigeladene Beteiligter am Verfahren. D.h. es muss für den Beigeladenen die Beteiligungs- und Prozessfähigkeit (s. o.) nach den §§ 61 f. VwGO geprüft werden.
C. Begründetheit

1 – BVerwGE 14, 235 (236); BVerwGE 89, 327 (329); GersdorfVerwaltungsprozessrecht, 5. Auflage, 2014, Rn. 117.
2 – Gersdorf, (Fn. 1), Rn. 118.
3 – BVerwGE 99, 64 (66); NVwZ 1991, 470 (471).
4 – Schenke, Verwaltungsprozessrecht, 15. Auflage, 2017, Rn. 410, 433.
5 – Gersdorf, (Fn. 1), Rn. 120.
6 – Bei dir gelten andere Landesvorschriften? Teile sie uns in den Kommentaren mit, wir fügen sie dann hier in den Beitrag ein.
7 – Gersdorf, (Fn. 1), Rn. 124.
8 – Siehe Punkt „V. Qualifiziertes Rechtsschutzinteresse (vorbeugende Unterlassungsklage)“ in unserem Beitrag „Allgemeine Leistungsklage„.
9 – Gersdorf, (Fn. 1), Rn. 106.
10 – Supra.
11 – VGH München, NJW 1986, 3221 (3222).
12 – BVerwGE 101, 157 (158).
13 – BVerwGE 39, 247 (249).
14 – Gersdorf, (Fn. 1), Rn. 107.
15 – Supra.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.