Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen

Die Anfechtbarkeit von Nebenbestimmungen iSv. § 36 VwVfG ist strittig. Dieser Beitrag erörtert die dazu bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten und Theorien zur Handhabung dieser Problematik.

Beachte, dass das Versammlungsgesetz ebenfalls von „Auflagen“ spricht (z.B. in § 15 Abs. 1 VersG) und man dazu geneigt sein könnte, dass damit Auflagen iSd. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG zu verstehen sind. Dies ist allerdings nicht der Fall. Nebenbestimmungen setzen einen „Haupverwaltungsakt“ voraus, den sie sozusagen modifizieren. Auflagen im Versammlungsgesetz sind allerdings keine Nebenbestimmungen, sondern selbstständige Verwaltungsakte. Dies folgt daraus, dass jeder Deutsche ohne Anmeldung oder Erlaubnis das Recht auf Versammlung ausüben kann gem. Art. 8 Abs. 1 GG. Demnach bedarf es keinem „Hauptverwaltungsakt“, der eine Versammlung genehmigt und somit sind die Auflagen iSd. Versammlungsgesetzes keine Nebenbestimmungen.

A. Zulässigkeit

Möchte man gegen eine Nebenbestimmung vorgehen, kommen zwei Rechtsschutzmöglichkeiten in Betracht:

  1. Man erhebt Anfechtungsklage gerichtet auf die isolierte Aufhebung der Nebenbestimmung oder
  2. eine Verpflichtungsklage mit dem Ziel auf Erlass eines neuen Hauptverwaltungsakt ohne der Nebenbestimmung oder zumindest auf eine günstigere Nebenbestimmung
Meinung 1: Isolierte Anfechtbarkeit unzulässig

Pro: Nebenbestimmungen sind als unzertrennliche Bestandteile des Hauptverwaltungsaktes zu verstehen. Das heißt, der Betroffene müsste dann eine Verpflichtungsklage mit Ziel auf Erlass eines neuen Hauptverwaltungsaktes ohne Nebenbestimmungen oder zumindest mit günstigeren, für ihn bessere Nebenbestimmungen richten.

Contra: Nach dem Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO wird darin eine Möglichkeit der Teilaufhebung eines Verwaltungsaktes gesehen. Daher folgt erst recht, dass eine Nebenbestimmung, die den Hauptverwaltungsakt modifiziert, isoliert anfechtbar sein kann.

Auch der Wortlaut des § 36 Abs. 1 VwVfG geht von einer Trennbarkeit zwischen Nebenbestimmung und Hauptverwaltungsakt aus: „Ein Verwaltungsakt […] darf mit einer Nebenbestimmung […] versehen werden“.

Meinung 2: Es kommt auf die Art der Nebenbestimmung an

Pro: Nach dieser Meinung sind Widerrufsvorbehalt, Befristung, Bedingung untrennbare Bestandteile des Hauptverwaltungsaktes und können nicht isoliert angefochten werden. Auflagen sind jedoch als eigenständige Regelungen anzusehen und demnach isoliert anfechtbar.

Contra: Heranzuziehen ist ebenfalls die Begründung in Meinung 1 (s.o.).

Meinung 3: Es kommt auf den Hauptverwaltungsakt an

Pro: Nach dieser Meinung wird die isolierte Anfechtbarkeit bei gebunden Hauptverwaltungsakten bejaht und dementsprechend bei nicht gebunden Ermessens-Verwaltungsakten verneint.

Contra: Diese Meinung vermischt Punkte der Zulässigkeit mit der Begründetheit. Es kommt bei der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage lediglich auf die Teilbarkeit zwischen einer Nebenbestimmung und eines Hauptverwaltungsaktes an. Davon wird nach dem Wortlaut des § 36 Abs. 1 VwVfG ausgegangen.

B. Begründetheit

Die isolierte Anfechtbarkeit (logische Teilbarkeit) ist insofern ein Teil der Zulässigkeitsprüfung und dementsprechend nur in der Zulässigkeit anzusprechen. In der Begründetheit muss allerdings wiederum die materielle Teilbarkeit von Nebenbestimmung und Hauptverwaltungsakt angesprochen werden.

Schritt 1: Gelangt man zum Ergebnis, dass die Nebenbestimmung rechtmäßig ist, so ist die Anfechtungsklage unbegründet.

Schritt2: Ist die Nebenbestimmung rechtswidrig, folgt im weiteren Schritt die Prüfung, der materiellen Teilbarkeit.

Die Rechtsprechung und Literatur verneinen die materielle Teilbarkeit, wenn der Hauptverwaltungsakt nach Aufhebung der Nebenbestimmung nicht mehr zulässig bestehen kann, der Hauptverwaltungsakt also rechtswidrig ist. Zusätzlich zu beachten ist, dass bei Ermessensentscheidungen die materielle Teilbarkeit verneint wird, da dadurch der Behörde ein Verwaltungsakt aufgedrängt wird.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.