Unmöglichkeit gem. § 275 BGB

Paragraph § 275 BGB regelt verschiedene Arten von Unmöglichkeit. Was Unmöglichkeit im juristischen Sinne ist, findet ihr hier (Definition). Dazu muss im Hinblick auf § 275 BGB auf drei verschiedene Absätze differenzieren.

I.          § 275 I BGB – „Generalklausel“ bzw. echte Unmöglichkeit

Dieser Absatz umfasst die tatsächlichen (wirklichen) Arten von Unmöglichkeit. Dabei enthält der Absatz wichtige Details, die unbedingt beachtet werden müssen.

a) Subjektive und Objektive Unmöglichkeit

  • Subjektive (§ 275 I Alt. 1) Unmöglichkeit bedeutet, es ist (nur) für den Schuldner nicht mehr möglich zu leisten.
  • Objektive (§ 275 I Alt. 2) Unmöglichkeit hingegen bedeutet, es ist für alle (jedermann) nicht möglich.

b) „…soweit…“ 

§ 275 I BGB regelt zudem auch vollständige bzw. teil-Unmöglichkeit. Indiz dafür ist das Wort „soweit“.

c) Anfängliche und nachträgliche Unmöglichkeit

  • Bei der anfänglichen bzw. nachträglichen Unmöglichkeit ist der Zentralpunkt der Vertragsabschluss. Liegt somit ein Leistungshindernis vor dem Vertragsabschluss (Schuldverhältnis) vor, so spricht man von anfänglicher Unmöglichkeit. Beachtet dazu § 311 Abs. 2 BGB.Für Schadensersatzansprüche wird hierbei § 311a II BGB verwendet.
  • Dementsprechend bedeutet nachträgliche Unmöglichkeit, dass ein Leistungshindernis nach dem Abschuss eines Schuldverhältnisses entstanden ist.

d) Sonderfälle: Zweckerreichung und Zweckfortfall (naturgesetzliche Unmöglichkeit)

  • Zweckerreichung und Zweckfortfall sind zwei Sonderfälle, die ebenfalls von § 275 Abs. 1 BGB erfasst werden. Am besten kann man diese Begriffe anhand eines Beispieles erklären:

„Das Kind K ist krank geworden. Die Eltern kontaktieren den Arzt A, der das Kind zu Hause untersuchen soll.“

  • Bei einer Zweckerreichung würde der Leistungserfolg eintreten, allerdings nicht durch den Schuldner. D.h. bei dem oberen Beispiel würde das Kind noch vor den Untersuchungen des Arztes gesund werden. Somit ist der Leistungserfolg schon eingetreten und kann durch den Arzt A nicht mehr erbracht werden. Daher liegt dann Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB vor.
  • Zweckfortfall bedeutet, das Leistungssubstrat fällt entweder weg oder wird untauglich. Das würde bei dem Beispiel bedeuteten, das das Kind K gestorben ist, bevor der Arzt A irgendetwas unternehmen konnte. Somit tritt Unmöglichkeit ein, sobald das Leistungssubstrat nicht mehr existiert oder untauglich geworden ist.

Ein weiteres Schuldbeispielsfall wäre das freizuschleppende Schiff, das entweder von alleine wieder loskommt (Zweckerreichung) oder sinkt (Zweckfortfall).

Des Weiteren regelt § 275 Abs. 1 BGB auch die rechtliche Unmöglichkeit. Beispiel: Dieb D stiehlt eine Sache von A und verkauft sie weiter an B. Der Eigentumserwerb der Sache ist dem B nicht möglich, da die Sache geklaut wurde und lediglich ein Besitzwechsel gegen den Willen des Eigentümers vorliegt.

Zu § 275 Abs. 1 BGB gibt es natürlich einige Problemfälle. Diese richten sich nach der Art der Schuld (Stückschuld, Gattungsschuld, absolutes Fixgeschäft). Dazu gibt es einen separaten Artikel.

II.          § 275 II BGB – praktische Unmöglichkeit (faktische Unmöglichkeit)

Bei den Fällen der praktischen bzw. faktischen Unmöglichkeit muss beachtet werden, das diese darunter fallenden Fälle zwar theoretisch keine Unmöglichkeit aufweisen, aber mit einen immensen Aufwand verbunden sind. D.h. der Leistungserfolg ist theoretisch machbar bzw. das Leistungshindernis kann entfernt werden, jedoch würde es ein extremes Missverhältnis zwischen Behebung des Leistungsverhältnisses und dem dazu entsprechenden Aufwand entstehen, sodass es keinem vernünftigen Menschen zumutbar wäre, dies zu Leisten.

Typisches Schulbeispiel wäre der Verkauf eines Ringes auf einer Schiffsfahrt von A and K und noch kurz vor der Übergabe fällt der Ring über Board und landet auf dem Meeresgrund. Hier kann sich A auf § 275 Abs. 2 BGB berufen, da der Ring zwar theoretisch gesehen geborgen werden kann, allerdings nur mit immensen Aufwand, sodass bei Abwägung ein extremes Missverhältnis entstehen würde.

Abzugrenzen ist die praktische bzw. faktische Unmöglichkeit von der wirtschaftlichen Unmöglichkeit. Beide Fälle umfassen das selbe Grundprinzip: Leistungserfolg ist grundsätzlich erreichbar, allerdings nur mit extremen Aufwand, der nicht im Verhältnis steht.

Ein Beispiel für eine wirtschaftliche Unmöglichkeit wäre Bauer B einigt sich auf dem Verkauf von Getreide für 3000€ mit K. Bei dem Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages, hat B einen Einkaufswert von 1000€. Nach Abschluss des Kaufvertrages stellt sich heraus, das durch die schlechte Ernte sich der Einkaufspreis auf 5000€ erhöht hat.

III.          § 275 III BGB – persönliche bzw. moralische Unmöglichkeit

Hier besteht ein Leistungshindernis in der Person des Schuldners selbst gegen dem Leistungsinteresse des Gläubigers.

Beispiel: Theaterschauspieler T ist für eine Rolle für ein Theaterstück, das am 05.05. aufgeführt werden soll, eingeteilt. Am 04.05. erkrankt das Kind des T schwer.

Hier ist es also dem T nicht zuzumuten, das Leistungsinteresse des Gläubigers nachzugehen, anstatt sich um das erkrankte Kind zu kümmern.

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Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.