Schema: Rechtfertigender Notstand / Rechtfertigende Nothilfe, § 34 StGB

  1. Notstandslage
    1. Gefahr
    2. Gegenwärtig
    3. Notstandsfähiges Rechtsgut
  2. Notstandshandlung
    1. Erforderlichkeit (nicht-anders-Abwendbarkeit)
    2. Interessenabwägung
    3. Angemessenheit
  3. Subjektives Rechtfertigungselement
    1. Gefahrabwendungsabsicht

Handelt der Täter um sich selbst vor einer Gefahr zu schützen, wird von rechtfertigendem Notstand gesprochen. Handelt der Täter dagegen um eine Gefahr vor einem anderen abzuwenden, wird von rechtfertigender Notstandshilfe gesprochen. Vgl. dazu die Notwehr / Nothilfe gem. § 32 StGB. Bei der Notstandshilfe werden die untenstehenden Termini (Notstandslage, Notstandsfähiges Rechtsgut, Notstandshandlung) entsprechend ersetzt.

  1. Notstandslage
    1. Gefahr
      • Eine Gefahr liegt vor, wenn die Schädigung eines Rechtsguts aufgrund der vorliegenden Umstände als sehr wahrscheinlich erscheint.2

      • Anders als bei der Notwehr bzw. Nothilfe gem. § 32 StGB umfasst die Gefahr i.S.d. § 34 StGB auch die Dauergefahr. Eine Dauergefahr ist ein drohender Zustand von längerer Dauer, der in jedem Augenblick in eine Schädigung eines Rechtsguts umschlagen kann, ohne aber die Möglichkeit auszuschließen, dass der Eintritt des Schadens noch eine Weile auf sich warten lässt.3

    2. Gegenwärtig
      • Gegenwärtig ist die Gefahr dann, wenn der Eintritt der Gefahr höchstwahrscheinlich ist, sodass die zum Schutz der bedrohten Rechtsgüter notwendigen Maßnahmen sofort auszuführen sind.4

    3. Notstandsfähiges Rechtsgut
      • Umfasst sind Individualrechtsgüter und Rechtsgüter der Allgemeinheit.5

  2. Notstandshandlung
    1. Erforderlichkeit (nicht-anders-Abwendbarkeit)
      • Es darf kein anderweitiges milderes, gleichwirksames Mittel vorliegen. Sofern die Möglichkeit des Ausweichens besteht, muss diese auch genutzt werden.6 Dies ist ein wesentlicher Unterscheid zur Notwehr bzw. Nothilfe gem. § 32 StGB, da da das Recht dem Unrecht nicht zu weichen braucht.7

    2. Interessenabwägung
      • Die Tat ist nicht rechtswidrig, wenn bei der Abwägung der sich entgegenstehenden Interessen, das geschützte das beeinträchtigte Interesse wesentlich überwiegt.8

      • Zuerst sind die entgegenstehenden Interessen, also die betroffenen Rechtsgüter gegenüber zu stellen.
      • Danach ist die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu ermitteln, wobei auch andere Umstände miteinkalkuliert werden müssen.
    3. Angemessenheit, § 34 Satz 2 StGB (Angemessenheitsklausel)
      • Die Tat muss ein angemessenes Mittel zur Gefahrenabwendung darstellen.9

  3. Subjektives Rechtfertigungselement
    1. Gefahrabwendungsabsicht
      • Der Täter muss in Kenntnis und zur Abwendung der Gefahr handeln.10 Die Notstandshandlung muss „vom Rettungswillen getragen“11 sein.


1 – Zieschang, Strafrecht Allgemeiner Teil, 4. Auflage 2014, Rn. 237.
2 – Zieschang, (Fn. 1), Rn. 249.
3 – Wessels/Beulke/Satzger, Strafrecht Allgemeiner Teil, 46. Auflage 2016, § 9, Rn. 454.
4 – Zieschang, (Fn. 1), Rn. 250.
5 – Zieschang, (Fn. 1), Rn. 248.
6 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 3), § 9, Rn. 457.
7 – Supra.
8 – Zieschang, (Fn. 1), Rn. 254.
9 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 3), § 9, Rn. 458.
10 – Zieschang, (Fn. 1), Rn. 253.
11 – Wessels/Beulke/Satzger, (Fn. 3), § 9, Rn. 456.

Print Friendly, PDF & Email
Van
Van

Van hat Jura an der Ruhr-Universität Bochum studiert und belegte den Schwerpunkt "Unternehmen und Wettbewerb" mit Fokus auf Urheberrecht, Gewerblichen Rechtsschutz und Datenschutzrecht. Neben Jura interessiert er sich für Fotografie, Sport und Web 2.0. Außerdem mag er Katzen.